Liebe*r Leser*in,
die vergangenen Wochen und Monate mit den weitreichenden Maßnahmen zur Einschränkung der Ausbreitung der Corona-Pandemie haben unser bisheriges Leben ziemlich auf den Kopf gestellt. Bislang als selbstverständlich wahrgenommenen Treffen mit Familie und Freunden, Austausch und Fortbildungen mit Kolleg*innen und Fachkräften zum Beispiel konnten über lange Zeit nicht stattfinden und unterliegen aktuell noch immer starken Einschränkungen. Wir freuen uns wahrscheinlich alle darauf, wenn wir uns privat wie beruflich wieder unter den früheren Bedingungen bewegen können.
Für unsere Tätigkeit als Fachstelle kann ich sagen, dass nicht alles, was wir aktuell erleben, was sich kurzfristig geändert hat oder wir neu aufgenommen haben, wieder zurückgenommen oder eingestellt werden soll und wir zum alten, liebgewonnen Handeln zurückkehren werden. Die Möglichkeiten der virtuellen Kollaboration zum Beispiel, Web-Seminare oder Online-Konferenzen mit Kolleg*innen und Fachkräften aus Hamburg wie auch anderen Bundesländern, sind wichtige Erfahrungen und wertvolle Kompetenzen, die wir in den vergangenen Monaten erwerben konnten. Wir haben in den vergangenen Wochen eine Vielzahl von Web-Seminaren und virtuellen Austauschformen für Fachkräfte wie auch für Endaddressat*innen angeboten, die wir auch zukünftig regelmäßig vorhalten werden. Wir wollen damit nicht zuletzt auch einen Beitrag zur Digitalisierung der Suchthilfe und Suchtprävention leisten. Dazu bedarf es sicherlich noch mehr, aber ein Anfang ist mit Sicherheit gemacht.
Herzliche Grüße und bleiben Sie gesund!
Christiane Lieb
Geschäftsführerin SUCHT.HAMBURG
Online-Fortbildungen, digitale Prävention und virtuelle Gremienarbeit
Die Auswirkungen zur Einschränkung der Corona-Pandemie haben nicht nur in Hamburg, sondern auch in den anderen Bundesländern zu einem wahren Schub in Sachen Digitalisierung suchtpräventiver Maßnahmen und Suchthilfeangeboten geführt. Viele Aufgaben, wie zum Beispiel Fortbildungen oder Netzwerk- und Gremienarbeit konnten bzw. können immer noch nicht oder nur sehr eingeschränkt vor Ort bzw. Face-to-Face stattfinden. Es braucht sehr große Räume, die den meisten Einrichtungen und freien Trägern nicht zur Verfügung stehen. Ein Ausweichen auf virtuelle Angebote war und ist das Mittel der Wahl, um unsere Zielgruppen gerade in diesen belastenden Zeiten mit den notwendigen Unterstützungsangeboten zu erreichen.
Nachdem zunächst im März und April einige Fortbildungen und Gremien leider abgesagt werden mussten, haben wir unter anderem in Kooperation mit dem SuchtPräventionsZentrum des Landesinstituts für Lehrerbildung und Schulentwicklung neue Fortbildungsformate als Web-Seminare entwickelt und kurzfristig umgesetzt. Die Angebotspalette reicht von kürzeren Inputs zur Vermittlung von Informationen bis hin zu mehrstündigen Online-Workshops mit virtuellen Arbeitsgruppenphasen wie zum Beispiel bei unserem Seminar Grundlagen der Suchtprävention. Die Nachfrage nach den Web-Seminaren ist sehr groß, die Rückmeldungen der Teilnehmenden sehr gut.
Sehr große Resonanz erhielt auch unsere Onlinekonferenz „Kein Tag ohne Medien“, die wir am 23. Juni gemeinsam mit Expert*innen aus der Medienpädagogik, Suchtprävention und Suchthilfe durchführen konnten. Die Veranstaltung, die mit Unterstützung der Techniker Krankenkasse Landesvertretung Hamburg durchgeführt wurde, brachte rund 60 Eltern, Fachkräfte und Expert*innen zusammen, um Empfehlungen für einen guten Umgang mit digitalen Medien in der Familie zu diskutieren.
Über Medien reden, das war der Tipp der Expert*innen, der für alle Altersgruppen genannt wurde. Vor allem wenn es nicht nur das Aushandeln von Regeln beinhaltet, sondern dadurch auch Interesse und Wertschätzung für diesen Teil der Lebenswelt zum Ausdruck gebracht wird. Bevor sich jedoch Probleme verfestigen, sollten Eltern nicht zögern und unbedingt professionelle Hilfe wie die Erziehungsberatungsstellen oder die Jugendsuchtberatung in Anspruch genommen werden.
Die Onlinekonferenz war Teil des Angebots „Time to Balance“ – eine Onlineberatung für Eltern und Erwachsene zur Förderung einer selbstbestimmten und kontrollierten Mediennutzung unter www.webfehler-hamburg.de.
Einen Tag später am 24. Juni fand das „lina-net-Jahrestreffen“ zum ersten Mal als digitales Netzwerktreffen statt. 17 Fachkräfte aus unterschiedlichen Arbeitsfeldern (verschiedene Suchtberatungs- und Jugendhilfeeinrichtungen) nahmen am digitalen Austauschangebot teil.
Im Mittelpunkt des diesjährigen lina-net-Treffens stand der Gastgeber PFIFF – Fachdienst für Familien, dessen Arbeitsschwerpunkt die Beratung, Qualifizierung und Begleitung von Pflegefamilien ist. Seit 20 Jahren betreut PFIFF das Projekt „Patenschaften für Kinder und Jugendliche psychisch kranker Eltern“, das von den Mitarbeiterinnen Ortrud Beckmann und Sandra Gau vorgestellt wurde. In der Landschaft der Patenprogramme für Kinder psychisch kranker Eltern in Deutschland hat das Programm von PFIFF eine Pionierrolle gespielt. Mittlerweile gibt es zwar viele Nachahmer, die aber fast alle mit geringeren fachlichen Standards arbeiten als PFIFF. Nach der Vorstellung des Patenschaftsprogramms diskutierten die Teilnehmer*innen die Übertragbarkeit des Konzepts auf Kinder suchtbelasteter Eltern und stellten viele Parallelen, aber auch Besonderheiten in der Lebenssituation suchtbelasteter Familien fest, die es bei der Konzeption eines zielgruppenspezifischen Patenschaftsprogramms zu beachten gälte.
Für SUCHT.HAMBURG ziehen wir ein sehr positives Fazit aus den weiterführenden Erfahrungen und vielen neuen Kompetenzen, die wir in den vergangenen arbeitsintensiven Wochen machen und erwerben durften. Die digitalen Angebote werden ein fester Bestandteil unserer Tätigkeiten bleiben und auch unsere Jahrestagung „Konsum.Raum.Sucht“ (mehr Informationen) wird am 18. November als Online-Konferenz stattfinden.
Neue Ergebnisse der Drogenaffinitätsstudie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung liegen vor
Am 1. Juli hat die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) gemeinsam mit der Drogenbeauftragten der Bundesregierung Daniela Ludwig die Ergebnisse der Repräsentativbefragung „Die Drogenaffinität Jugendlicher in der Bundesrepublik Deutschland 2019“ vorgestellt. Als grober Trend lässt sich erkennen, dass der Konsum legaler Drogen unter den Jugendlichen und jungen Erwachsenen rückläufig ist, der Gebrauch illegaler Substanzen allen voran Cannabis jedoch leicht zunimmt.
Zunächst zu den erfreulichen Erkenntnissen: Die Quote der Raucher*innen ist unter den 12- bis 25-Jährigen auf dem niedrigsten Stand seit Beginn der Befragungen vor über 40 Jahren. 85,1 Prozent der Jugendlichen geben an, in ihrem Leben noch nie geraucht zu haben. Die Nieraucher*innenquote bei 18- bis 25-Jährigen liegt bei 45,9 Prozent. Noch nie in ihrem Leben Alkohol getrunken haben 36,9 Prozent der 12- bis 17-jährigen Jugendlichen in Deutschland. Mindestens einmal in der Woche Alkohol trinken 9,5 Prozent der befragten 12- bis 17-Jährigen und 32,9 Prozent der 18- bis 25-Jährigen. Im Jahr 2004 lagen die Zahlen bei den 12- bis 17-Jährigen noch bei 21,2 Prozent und bei den 18- bis 25-Jährigen bei 43,6 Prozent.
Die Entwicklungen des Cannabiskonsums zeigen, dass dieser unter 12- bis 17-jährigen Jugendlichen und 18- bis 25-jährigen jungen Erwachsenen in Deutschland seit einigen Jahren kontinuierlich ansteigt. Der Anstieg der 12-Monats-Prävalenz des Cannabiskonsums beginnt bei männlichen und weiblichen Jugendlichen im Jahr 2011 und liegt im Jahr 2019 fast wieder auf ähnlichem Niveau wie in 2004. In den Gruppen der 18- bis 25-jährigen Frauen und Männer steigen die 12-Monats-Prävalenzen des Cannabiskonsums seit 2008. Junge Frauen erreichen im Jahr 2019 die höchste und junge Männer die zweithöchste 12-Monats-Prävalenz seit 1993 (Quelle: Orth, B. & Merkel, C. 2020. Die Drogenaffinität Jugendlicher in der Bundesrepublik Deutschland 2019.).
Die ausführlichen Studienergebnisse und den Bericht finden Sie hier.
Endlich: Tabakwerbeverbot im Bundestag verabschiedet
Nach jahrelangen Diskussionen hat der Bundestag am 2. Juli endlich ein weitreichendes Tabakwerbeverbot verabschiedet. Danach ist ab dem kommenden Jahr Kinowerbung fürs Rauchen verboten, wenn der jeweilige Film für Unter-18-Jährige freigegeben ist.
Ab 1. Januar 2022 gilt ein Werbeverbot auf Außenflächen wie Plakatwänden oder Haltestellen - wenn auch zunächst einmal nur für herkömmliche Tabakprodukte. Für Tabakerhitzer greift das Außenwerbeverbot ab dem Jahr 2023, ein Jahr 2020 später wird dann auch die Außenwerbung für E-Zigaretten verboten. Der Bundesrat muss dem Gesetz nun noch zustimmen. (Quelle: https://www.tagesschau.de/inland/bundestag-753.html)
Weitere Neuigkeiten und Materialien
Die Bundesdrogenbeauftragte Daniela Ludwig startet gemeinsam mit der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) eine Social Media Kampagne, um die Cannabisprävention auszuweiten und erstmalig auch in den sozialen Medien auf die gesundheitlichen Risiken von Cannabiskonsum für Jugendliche aufmerksam zu machen. Die Kampagne soll die bundesweiten Aktivitäten der BZgA unterstützen und richtet sich im Schwerpunkt an unter 18-jährige Jugendliche. Wir sind gespannt und drücken die Daumen für einen guten Start!
Ende Juni wurde der Weltdrogenbericht des Büros der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung UNODC veröffentlicht. Im sechsteiligen Bericht geht es unter anderem um die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Verfügbarkeit von illegalen Drogen. Die UNODC teilt in ihrem Bericht mit, dass in vielen Ländern in allen Weltregionen Engpässe bei etlichen Drogen bestehen. Dies ist besonders für Abhängige problematisch, denn es droht ein Ausweichen auf andere Substanzen, die möglicherweise noch schädlicher sind. So könnten zum Beispiel Heroinsüchtige auf gefährlichere Alternativen wie Fentanyl ausweichen. Das Opioid ist mindestens 50-mal stärker als Morphin und es kommt es leicht zu einer tödlichen Überdosierung.
Weitere Themen sind zum Beispiel der weiterhin weltweit steigende Drogenkonsum, aktuelle Drogentrends oder die Zunahme des Cannabiskonsums in Ländern, die Cannabis legalisiert haben. Die Berichte stehen in englischer Sprache hier zum Download zur Verfügung.
In den letzten Jahren sind sowohl für den Suchtmittelkonsum als auch für die Inanspruchnahme von Hilfeangeboten diverse Veränderungen im Hinblick auf den gewählten Raum zu beobachten. Die Corona-Pandemie und die zu ihrer Einschränkung staatlich verordneten Maßnahmen haben diese Veränderungen vermutlich beschleunigt und verstärkt. Diese „Raumverschiebungen“ werden im Format einer Online-Konferenz von SUCHT.HAMBURG am 18. November näher betrachtet und diskutiert werden.
Die Online-Konferenz ersetzt unsere diesjährige Jahrestagung und richtet sich an interessierte Akteur*innen aus dem Bereich der Suchthilfe, Suchtprävention, Gesundheit und Bildung sowie aus anderen Berufsfeldern (z.B. Jugendhilfe, Politik und Behörden). Die Teilnahme ist kostenfrei. Die Teilnehmendenzahl ist begrenzt. Mehr Informationen und Anmeldung.
Eine Arbeitsgruppe der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e.V. und des Fachverbands Medienabhängigkeit e.V. erarbeitete in einem Positionspapier zentrale Fragen und Forderungen der Bereiche Prävention und Frühintervention, Beratung, Behandlung und Rehabilitation sowie Forschung des problematischen Computerspielens und der Computerspielstörung (Gaming Disorder).
Gemäß der „Bestandsaufnahme und Positionierung in den Bereichen Prävention und Frühintervention, Beratung, Behandlung und Rehabilitation sowie Forschung“ (Quelle: https://www.dhs.de/fileadmin/user_upload/pdf/news/Ergebnispapier_AG_Problematisches_Computerspielen_und_Gaming_Disorder.pdf) sollen Ansätze der Prävention von problematischem Computerspielen und der Computerspielstörung(Gaming Disorder) im Kindes-und Jugendalter für junge Menschen, deren Eltern und Familien in bestehende Angebote der Medienbildung und Medienkompetenzförderung integriert werden. Eltern sollen darüber hinaus bei Angeboten zur Stärkung der Erziehungskompetenz auch im Umgang mit digitalen Medien in der Familie gestärkt werden. Im Bereich der Frühintervention haben sich die Zusammenarbeit von Jugendsozialarbeit und Jugendsuchtberatung sowie Clearingstellen zur Einschätzung der individuellen Problemlage und zur weiteren Vermittlung an geeignete Beratungsstellen hilfesuchender junger Menschen und deren Familien als hilfreich erwiesen.
Das ausgeprägte Bild der Computerspielstörung (Gaming Disorder) soll jedoch der ambulanten und stationären Behandlung vorbehalten sein. Je nach Ausprägungsgrad stehen unterschiedliche ambulante, teilstationäre oder stationäre Angebote zur Verfügung.
Alle weiteren Empfehlungen und dies ausführliche Diskussion findet sich unter www.dhs.de
Im Zusammenhang mit dem neuartigen Coronavirus sind Fachkräfte in den Frühen Hilfen langfristig in ihrem Arbeitsalltag von Umstellungen und Einschränkungen betroffen. Um sie in dieser Zeit zu unterstützen, hat das Nationale Zentrum Frühe Hilfen (NZFH) auf seiner Internetseite www.fruehehilfen.de Empfehlungen sowie Antworten auf häufige Fragen und Linktipps veröffentlicht.
Ausgewählte Fortbildungsangebote in Hamburg
Fortbildungsveranstaltungen finden derzeit - nach der jeweils gültigen Verordnung des Hamburger Senats zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus - nur in eingeschränkter Form statt. Einige Angebote werden digital durchgeführt.
Suchtgefährdung bei Jugendlichen - Epidemiologie, Risikofaktoren, Erklärungsmodelle am 13. August Informationen und Anmeldung
Essstörungen im Jugendalter. Prävention und Intervention im Kontext Schule am 10. September Informationen und Anmeldung
Störungen durch Cannabis im Kindes- und Jugendalter - Erscheinungsmuster und Behandlung am 22. September Informationen und Anmeldung
Trauma und Sucht bei weiblichen Jugendlichen - Hintergründe, Erklärungsmodelle, Forschungsergebnisse, Versorgungssituation am 27. Oktober Informationen und Anmeldung
Termine
Aufgrund der aktuell geltenden Einschränkungen für Veranstaltungen wegen der Ausbreitung des Coronavirus wurden zahlreiche Veranstaltungen abgesagt oder verschoben. Hier finden Sie eine Auswahl der (Stand 3.7.20) geplanten Veranstaltungen.
Online-Fachtagung: Mädchen* und Frauen* nach der Flucht am 2. September Mehr Informationen
"Professionalisierung kommunaler Alkoholprävention" der Niedersächsischen Landesstelle für Suchtfragen am 8. und 15. September Mehr Informationen
29. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin e.V. „Sexualität und Sucht“ vom 6. bis 8. November 2020 in Berlin Mehr Informationen
59. Fachkonferenz SUCHT "Suchthilfe: kommunal denken - gemeinsam handeln" der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e.V. am 10. und 11. November 2020 Mehr Informationen
Save the Date: Online-Konferenz "Konsum.Raum.Sucht." von SUCHT.HAMBURG am 18. November 2020 Mehr Informationen
Gremien von SUCHT.HAMBURG
Die Sitzungen finden ggf. als Online-Meetings statt, bitte beachten Sie die jeweilige Ankündigung auf unserer Webseite.
AK Sucht.Jugend 12. August 2020
AK Vielfalt 10. September 2020
AK Kinder von suchtbelasteten Eltern 14. September 2020
AK Enter 22. September 2020
Die Termine unserer Gremien finden Sie stets aktuell unter www.sucht-hamburg.de/information/termine
SUCHT.HAMBURG
Information.Prävention.
Repsoldstr. 4
20097 Hamburg
Fon: 040 284 99 18-0
service@sucht-hamburg.de
www.sucht-hamburg.de
Ansprechpartnerin
Christiane Lieb
(Geschäftsführerin)
Information.Prävention.Hilfe.Netzwerk.
Repsoldstr. 4
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Fon: 040 284 99 18-0
service@sucht-hamburg.de
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Montag 10.00 – 16.00 Uhr
Dienstag 10.00 – 16.00 Uhr
Mittwoch 10.00 – 16.00 Uhr
Donnerstag 10.00 – 16.00 Uhr
Freitag nach Vereinbarung