Mittelpunkt - Juni 2024

Liebe*r Leser*in,

die am 1. April in Kraft getretene Teil-Legalisierung von Cannabis wirft in Bezug auf die praktische Umsetzung noch immer eine Vielzahl von Fragen auf. In unserem Projekt Mobil? Aber sicher! zum Beispiel in Bezug auf die Prävention von Rauschfahrten. So gilt aktuell (Redaktionsschluss 27.6.24) noch der alte Grenzwert von 1,0 Nanogramm THC je Milliliter Blutserum, wenn man aktiv ein Fahrzeug führen möchte. Anfang Juni hat die Bundesregierung beschlossen, dass der Grenzwert für Personen ab 21 Jahren zukünftig auf 3,5 Nanogramm angehoben wird. Dies entspricht in etwa einem Wert von 0,2 Promille Alkohol. Wann genau allerdings diese Entscheidung in Kraft tritt, steht noch nicht fest. Klar ist nur: Für Personen unter 21 Jahren und Fahranfänger*innen in der Probezeit bleibt in jedem Fall auch dauerhaft der alte Wert von 1,0 Nanogramm THC je Milliliter Blutserum bestehen. Unsere klare Botschaft lautet daher weiterhin: nur „Punktnüchternheit“ minimiert das Sicherheitsrisiko im Straßenverkehr – unabhängig von der konsumierten Substanz.

In unserer Sommerausgabe von Mittelpunkt beschäftigen wir uns auch mit den Auswirkungen der Teil-Legalisierung auf das Arbeitsfeld der betrieblichen Suchtprävention, betrachten die aktuellen Ergebnisse zum Rauchen der Studie „Die Drogenaffinität Jugendlicher in der Bundesrepublik Deutschland 2023“ und stellen wie gewohnt eine Übersicht über neueste Veröffentlichungen sowie zahlreiche Veranstaltungs- und Fortbildungshinweise für das dritte Quartal 2024 zur Verfügung.

Herzliche Grüße und eine schöne Sommerzeit!

Christiane Lieb

Geschäftsführerin SUCHT.HAMBURG

Blau – Ein interaktives Theater- und Ermutigungsstück zu Suchterkrankungen in Familien

SUCHT.HAMBURG lädt in Kooperation mit dem SuchtPräventionsZentrum/LI (SPZ) und der Beratungsstelle Kompaß (Trockendock e.V.) am 17. September zum Theatervormittag für Hamburger Schulklassen ein.

Das pädagogische Konzept besteht aus einer Aufführung des Ensembles der Wilden Bühne Bremen mit anschließender Diskussionsrunde. Dabei wird ein besonderer Fokus auf den Austausch und die Einbeziehung der Schüler*innen gelegt, um diese in der Auseinandersetzung zu begleiten und ihnen Partizipation zu ermöglichen. Zudem wird ein Raum geschaffen, das gesellschaftlich noch immer tabuisierte Thema der suchtbelasteten Familien zu betrachten.

Herzstück der Wilden Bühne Bremen ist das Theaterensemble suchterkrankter Menschen, die sich mit ihrer Biografie nach der Aufführung den Fragen der Schüler*innen stellen. Nähere Infos hierzu unter www.wilde-buehne-bremen.de. Die Anmeldung von Schulklassen (Jahrgänge 7 und 8) erfolgt über das SPZ mit Angabe der Schule, Klasse, Klassengröße und Kontaktdaten an E-Mail: spz@li.hamburg.de. Fachkräfte aus der Suchtprävention und Suchthilfe können sich hier zur Veranstaltung anmelden. Anmeldeschluss ist der 15. Juli.

Teil-Legalisierung von Cannabis – frischer Wind für die betriebliche Suchtprävention?

(Text: Peter Spahlinger, SUCHT.HAMBURG)

Die sogenannte Teil-Legalisierung von Cannabis stellt für unsere Arbeitsfelder eine Herausforderung und Chance zugleich dar. Wenn wir beispielhaft den Präventionsbereich Arbeitswelt betrachten, so stellen wir in vielen Betriebsvereinbarungen zum Umgang mit Suchtproblemen rechtlichen Nachbesserungsbedarf fest. Steht dort etwa: „Das Mitbringen von alkoholischen Getränken und illegalen Drogen in den Betrieb ist untersagt“ müssen die Verbotsregeln jetzt entsprechend angepasst werden, da Cannabis nicht mehr im Betäubungsmittelgesetz steht und folglich keine illegale Substanz ist.

Viele Führungskräfte haben aktuell Fragen, ob und wie sich die neuen rechtlichen Rahmenbedingungen auf ihre Rolle als Vorgesetzte*r auswirken. Das derzeit große Interesse der Betriebe am Thema Cannabis birgt daher neue Chancen für die betriebliche Suchtprävention, mehr Gehör für ihre Inhalte und Botschaften zu bekommen.

Ein Großteil dieser Inhalte ändert sich durch das neue Gesetz nicht: So oder so muss die Führungskraft unverzüglich handeln, wenn ein*e Beschäftigte*r erkennbar unter dem Einfluss psychoaktiver Substanzen steht und dadurch die Arbeitssicherheit gefährdet – ganz gleich, um welche psychoaktive Substanz es sich dabei handelt.

Auch die Beschäftigten stehen in der Pflicht, denn sie dürfen sich laut Vorschrift der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) „durch den Konsum von Alkohol, Drogen oder anderen berauschenden Mitteln nicht in einen Zustand versetzen, durch den sie sich selbst oder andere gefährden können“. Das schließt den Konsum von Cannabis ein. Wer dagegen verstößt, muss mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen rechnen – hat aber auch ein Anrecht auf die Fürsorge des Betriebs.

In betrieblichen Schulungen sollte daher vermittelt werden, welchen Einfluss Cannabis auf die Leistungsfähigkeit und die Arbeitssicherheit hat. So zählt die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e. V. (DHS) als mögliche Einschränkungen durch Cannabis unter anderem auf: starke Müdigkeit, Konzentrationsschwankungen und das Wahrnehmen irrelevanter Nebenreize. Und in diesem Zustand lässt sich eines ganz bestimmt nicht: sicher und gut arbeiten.

Weitere Informationen und Kontakt zu dem Thema finden sich auch hier

 

Weiterhin weniger Jugendliche Raucher*innen in Deutschland

Anlässlich des Weltnichtrauchertags am 31. Mai veröffentlichte die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) ausgewählte Ergebnisse zum Rauchen ihrer Studie „Die Drogenaffinität Jugendlicher in der Bundesrepublik Deutschland 2023“ Download.

Die BZgA berichtet, dass der Anteil der Personen, die noch nie in ihrem Leben geraucht haben, bei den 12- bis 17-Jährigen auf etwa 83 Prozent und bei den 18- bis 25-Jährigen auf etwa 47 Prozent gestiegen ist. Damit wird deutlich, dass der positive Trend hin zum Nichtrauchen weiter anhält.

Bei differenzierter Betrachtung der Ergebnisse zeigt sich, dass der Anteil der jugendlichen Raucher von 27,2 Prozent im Jahr 2001 auf 9,3 Prozent im Jahr 2015 deutlich gesunken ist und 2023 bei 7,2 Prozent lag. Bei den 12- bis 17-jährigen Raucherinnen verringerte sich der Anteil ebenfalls deutlich, von 27,9 Prozent im Jahr 2001 auf 6,1 Prozent im Jahr 2016, und lag 2023 bei 6,4 Prozent. Auch bei den 18- bis 25-Jährigen ist der Anteil der Rauchenden gesunken. Laut den aktuellen Studienergebnissen der BZgA rauchen 33,6 Prozent der jungen Männer und 18,4 Prozent der jungen Frauen. Deutlich an Beliebtheit eingebüßt haben in beiden Altersgruppen unter anderem Wasserpfeifen und Shishas. Gaben im Jahr 2016 noch 10,6 Prozent der 12- bis 17-jährigen an, mindestens einmal in den letzten 30 Tagen Wasserpfeife konsumiert zu haben, sind es aktuell 3,9 Prozent. Bei den jungen Erwachsenen sank der Anteil derer im gleichen Zeitraum von 18,9 Prozent auf aktuell 10,2 Prozent.

Mit Spannung erwartet wurden ebenfalls Erkenntnisse zum Konsum von Einweg-E-Zigaretten, deren Verbreitung in den letzten Jahren in der öffentlichen Wahrnehmung deutlich angestiegen ist: Knapp 7 Prozent der 12- bis 17-Jährigen und 12 Prozent der 18- bis 25-Jährigen geben an, im Zeitraum von 30 Tagen vor der Befragung diese Produkte konsumiert zu haben. Hier werden wir in der Suchtprävention in Zukunft sicherlich ein noch größeres Augenmerk richten müssen. Denn von dem niedrigen Preis, der für junge Menschen attraktiven Gestaltung und den süßen Aromen der sogenannten Vapes geht offensichtlich eine große Anziehungskraft aus, die die Schädlichkeit der Produkte scheinbar vergessen lässt. Quelle und weitere Informationen Link

Weitere Neuigkeiten und Materialien

Cannabisinfos für Jugendliche überarbeitet

Die Infocard „Nope“ und der kurze Ratgeber „Schon gewusst?“ unseres Cannabispräventionsprojektes BLEIB STARK wurden aktualisiert und an die geänderte Rechtsgrundlage angepasst. Die Materialien richten sich an unter 18-Jährige und können in unserem Webshop heruntergeladen oder bestellt werden. 

Jahresbericht 2023 von SUCHT.HAMBURG

Im April ist der Jahresbericht 2023 von SUCHT.HAMBURG erschienen. Er gibt einen Überblick über die Arbeit in unseren Projekten, zu Fort- und Weiterbildungsangeboten sowie über unsere Netzwerk- und Koordinierungstätigkeiten. Unseren Bericht finden Sie hier.

Zukunftswerkstatt: Suchtprävention in Hamburg neu gestalten

Vom 1. bis 3. November 2023 fand die Zukunftswerkstatt Suchtprävention Hamburg statt. Wir berichteten an dieser Stelle. Inzwischen wurden die Ergebnisse der Zukunftswerkstatt in einem Memorandum dokumentiert, das Interessierten kostenfrei auf der Website des Deutschen Zentrums für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters zum Download bereitsteht.

Kokainfo - Neues Angebot für Kokainkonsumuierende

Mit www.kokainfo.de soll Kokainkonsumierenden die Möglichkeit geboten werden, ihren Kokainkonsum anonym, flexibel und zu jeder Tages- und Nachtzeit besser einschätzen zu können. Es sollen im Weiteren Anregungen für eine selbstkritische Auseinandersetzung mit dem Kokainkonsum gegen werden. Verantwortlich für das Webangebot ist das Zentrum für interdisziplinäre Suchtforschung (ZiS) am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE).

Europäischer Drogenbericht 2024

Die Europäische Drogenbeobachtungsstelle (EMCDDA) veröffentlichte am 11. Juni die aktuelle Ausgabe des European Drug Reports (EDR). Schwerpunkt der Veröffentlichung sind hochwirksame synthetische Substanzen, neue Drogenmischungen und sich verändernde Konsummuster, die eine wachsende Bedrohung in Europa darstellen. Der EDR ist in 25 EU-Sprachen verfügbar und kann auf der Website der EMCDDA heruntergeladen werden.

Jahrbuch Sucht 2024 veröffentlicht

Im April ist das Jahrbuch Sucht 2024 der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e.V. erschienen. Neben der umfassenden Datensammlung, -aufbereitung, -analyse und -interpretation zur Epidemiologie und Behandlung von Suchterkrankungen befasst sich die aktuelle Ausgabe unter anderem mit den Themen „Neue Empfehlungen zum Umgang mit Alkohol - Vorzüge und Herausforderungen für die Gesundheit in einem Hochkonsumland", "Substitutionsgestützte Behandlung von Menschen mit Opioidabhängigkeit" und "Wie die Tabakindustrie der Umwelt und dem Klima schadet". Mehr Informationen und Quelle

 

Ausgewählte Fortbildungsangebote in Hamburg

Konsum 3.0 – Images von Alkohol und illegalen Drogen am 9. Juli Mehr Informationen und Anmeldung

Suchtgefährdung bei Jugendlichen – Epidemiologie, Risikofaktoren, Erklärungsmodelle am 29. August Mehr Informationen und Anmeldung

Cannabisprävention – Neue Angebote für die pädagogische Arbeit am 10. September Mehr Informationen und Anmeldung

Blau – Ein interaktives Theater- und Ermutigungsstück zu Suchterkrankungen in Familien am 17. September in Kooperation mit dem SPZ und Kompaß Mehr Informationen und Anmeldung

Geflüchtete Menschen mit Suchtproblemen – Ansatzpunkte für die Praxis am 27. September Mehr Informationen und Anmeldung

Grundlagen der Suchtprävention II – Aufbauseminar am 29. Oktober Mehr Informationen und Anmeldung

Essstörungen bei jugendlichen Mädchen – Eine Fortbildung mit Fallarbeit am 5. November Mehr Informationen und Anmeldung

Viele weitere aktuelle Fortbildungsangebote in Hamburg finden Sie auf unserer Fortbildungswiese

 

Termine

Fachtag 2024 des Deutschen Zentrums für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters „Medikamentenkonsum und-missbrauch bei Kindern und Jugendlichen“ am 9. September online Mehr Informationen

Deutscher Suchtkongress 2024 – Forschung, Prävention und Hilfen gemeinsam gestalten vom 23. bis 25. September in Köln Mehr Informationen

Save the Date: DHS Fachkonferenz Sucht „Lebenswelten bewegen“ vom 28. bis 30. Oktober in Essen Mehr Informationen

Save the Date: Jahrestagung „Konsum.Krisen.Komorbidität. - Die Bewältigung von Suchterkrankungen in turbulenten Zeiten“ SUCHT.HAMBURG am 20. November 2024

 

Gremien von SUCHT.HAMBURG

AK Kinder von suchtbelasteten Eltern 1. Juli

AK Vielfalt 11. Juli

AK Sucht.Jugend 28. August

AK Enter 5. September

FASD-Netzwerktreffen 6. November

Die Termine unserer Gremien finden Sie stets aktuell auch unter www.sucht-hamburg.de/information/termine

Kontakt

SUCHT.HAMBURG
Information.Prävention.
Hilfe.Netzwerk.

Repsoldstr. 4
20097 Hamburg
Fon: 040 284 99 18-0
service@sucht-hamburg.de
www.sucht-hamburg.de

Ansprechpartnerin

Christiane Lieb
(Geschäftsführerin)